OLG Stuttgart erklärt Kündigung des Bauspvertrages durch eine Bausparkasse für unwirksam

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Das Oberlandesgericht Stuttgart hat in seiner heutigen Entscheidung die Kündigung des Bausparvertrages durch eine Bausparkasse für unwirksam erklärt.
Damit hat nunmehr ein süddeutsches Obergericht zu Gunsten der Bausparer und Verbraucher entschieden.
Vorliegend betraf es den Fall des zuteilungsreifen, aber noch nicht voll angesparten Bausparvertrags auf den keine Zahlungen mehr geleistet werden.

 

Die Pressemitteilung des OLG Stuttgart vom 30.03.2016 lautet hierzu wie folgt:

Der u .a. für Bankrecht zuständige 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart (Az. 9 U 171/15) unter dem Vorsitz von Thomas Wetzel hat heute der Berufung einer Bausparerin stattgegeben, die sich gegen die Kündigung ihres Bausparvertrages wehrt.

In erster Instanz hatte das Landgericht Stuttgart die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat diese Entscheidung zu Gunsten der Klägerin abgeändert.

Die Klägerin hatte 1978 einen Bausparvertrag mit einer Bausparsumme von 40.000 DM (20.451,68 €) abgeschlossen. Für die Laufzeit erhielt sie für von ihr eingezahlte Raten ei-nen Guthabenzinssatz von 3 % p. a. bei einem Bauspardarlehenszinssatz von 5 % p. a. Der Vertrag wurde 1993 zuteilungsreif. Nach Zuteilungsreife stellte die Bausparerin die regelmäßige Zahlung der Sparraten ein, ohne ein Bauspardarlehen in Anspruch zu neh-men. Im Januar 2015, also knapp 22 Jahre nach Eintritt der Zuteilungsreife, kündigte die Bausparkasse den Bausparvertrag. Das Bausparguthaben belief sich zu diesem Zeitpunkt auf ca. 15.000 €; die Bausparsumme war also nicht vollständig angespart.

Der Senat hält die Kündigung der Bausparkasse für unberechtigt. Diese könne sich nicht auf die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen, wonach ein Darlehensnehmer das Darlehen zehn Jahre nach dessen vollständigem Empfang kündigen könne. Nach den All-gemeinen Bausparbedingungen (§ 5 Abs. 1 ABB) sei der Bausparer verpflichtet, Regelsparbeiträge bis zur erstmaligen Auszahlung der Bausparsumme zu zahlen. Vor Ende die-ser Pflicht habe die Bausparkasse das als Darlehen anzusehende Guthaben nicht voll-ständig empfangen. Der Zeitpunkt der Zuteilungsreife spiele nach den Vertragsbedingun-gen keine Rolle.

Die gesetzliche Kündigungsvorschrift sei entgegen der Auffassung der Bausparkasse auch nicht analog anwendbar. Die überlange Vertragsdauer beruhe zwar auf der ver-tragswidrigen Einstellung der Sparleistungen durch die Bausparerin. Diese müsse die Bausparkasse aber nicht hinnehmen: Nach den Vertragsbedingungen könne sie die Bau-sparerin auffordern, die vertraglich geschuldeten Sparbeiträge wieder zu leisten. Werde der Aufforderung nicht Folge geleistet, habe die Bausparkasse ein (kurzfristiges) vertragli-ches Kündigungsrecht und es dadurch selbst in der Hand, eine überlange Bindung an den Vertragszinssatz zu verhindern. Im Fall der ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung wäre die Bausparsumme innerhalb von zehn Jahren ab Zuteilungsreife vollständig angespart worden. Wenn die Bausparkasse selbst – möglicherweise im eigenen Interesse – ein fak-tisches Ruhen des Bausparvertrages erlaube und ein vertragliches Kündigungsrecht nicht nutze, sei sie nicht schutzbedürftig und könne sich nicht später auf eine analoge Anwen-dung eines gesetzlichen Kündigungsrechts berufen.

Die Revision zum Bundesgerichtshof hat der Senat zugelassen, weil die Frage der An-wendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf zuteilungsreife Bausparverträge grundsätzliche Bedeutung hat und andere Oberlandesgerichte eine gegenteilige Auffassung vertreten. (Quelle: www.olg-stuttgart.de Pressemitteilung vom 30.03.2016).

 

Sollten Sie ebenfalls von einer Küdigung betroffen sein, unterstützen wir Sie gerne bei der Abwehr der Kündigung und der Verfolgung Ihrer Rechtsinteressen.

 

Martin Blaszczak
Rechtsanwalt

 

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Wolfgang Andreas Klohe, Evelyn Wettstein, Martin Blaszczak, Matthias Müller

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