Arbeitsrecht aktuell: Nichtdurchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements führt zur Unwirksamkeit einer Kündigung

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Eine krankheitsbedingte Kündigung ist bei Nichtdurchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements  unwirksam, wenn nicht auszuschließen ist, dass das bEM ein positives Ergebnis hätte erbringen können.

 

Zu diesem Ergebnis kam nunmehr das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 20.11.2014, 2 AZR 755/13). Der Arbeitnehmer war seit mehreren Jahren wegen verschiedener Krankheiten arbeitsunfähig. Der Umfang überschritt deutlich sechs Wochen pro Jahr. Der Arbeitnehmer wurde dabei von dem Betriebsarzt des Arbeitgebers mehrfach untersucht. Da sich keine Besserung einstellte und der Arbeitnehmer weiterhin ausfiel, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus personen-bedingten Gründen. Hierauf erhob der Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage und berief sich unter anderem darauf, dass ein bEM nicht durchgeführt worden ist.

 

Das BAG geht in seiner Entscheidung davon aus, dass die Anforderungen an eine Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen und vor allem die notwendige negative Gesundheitsprognose bei einer krankheitsbedingten Kündigung erfüllt sind. Die Richter kommen allerdings zu dem Ergebnis, dass die Kündigung nicht das letzte Mittel für den Arbeitgeber darstelle. Das folge daraus, dass der Arbeitgeber die Durchführung des bEM nach § 84 Abs. 2 SGB IX unterlassen habe.

 

Der Verstoß gegen diese Vorschrift führe in diesem Fall dazu, dass die Kündigung als rechtsunwirksam anzusehen sei. Es sei nämlich denkbar, dass das betriebliche Eingliederungs-management ein positives Ergebnis erbracht hätte. Damit liege jedoch eben in dieser Nichtdurchführung des bEM eine vorschnelle Kündigung des Arbeitgebers.

 

In dem Urteil wird betont, dass ein solches positives Ergebnis nicht allein darin bestehen könne, dass im Rahmen des bEM Möglichkeiten gefunden würden, den Arbeitsplatz dem tatsächlichen Gesundheitszustand des Arbeitnehmers anzupassen. Selbst wenn man unterstelle, dass dies nicht möglich sei, hätte hingegen zumindest die Möglichkeit bestanden, dass im Rahmen der Durchführung des bEM ein möglicher Rehabilitationsbedarf des Arbeitnehmers hätte erkannt werden können. Sodann wäre es möglich gewesen durch entsprechende Maßnahmen künftige Fehlzeiten zu reduzieren.

 

Das aktuelle Urteil des BAG zeigt zwar, dass die Unterlassung durch bEM nicht automatisch zur Unwirksamkeit einer ausgesprochenen Kündigung aus krankheitsbedingten Gründen führe.

 

Gleichwohl ist aber tatsächlich die Durchführung des bEM als Kündigungsvoraussetzung etabliert. Schließlich ist die Kündigung stets ultima ratio. Es wird daher einem Arbeitgeber kaum möglich sein, dem negativen Beweis dafür zu erbringen, dass keine vorstellbare Rehabilitationsmaßnahme für den gekündigten Arbeitnehmer in Betracht gekommen wäre.

 

Für die Praxis bedeutet dies, dass ein Arbeitgeber das bEM im eigenen Interesse vor jeder krankheitsbedingten Kündigung durchführen muss. Lehnt der Arbeitnehmer die Teilnahme hieran ausdrücklich ab, endet das Verfahren und der Arbeitgeber kann die Kündigung aussprechen. Es ist daher gleichfalls für den Arbeitnehmer empfehlenswert an dem bEM teilzunehmen.

 

Karlsruhe, den 31.07.2015

 

Martin Blaszczak

Rechtsanwalt

 

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