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Werden geringwertige Sachen entwendet, kann das grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Richtet sich die Tat gegen das Eigentum des Arbeitgebers, ist aber eine Abmahnung nicht grundsätzlich entbehrlich. Vielmehr muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob durch eine Abmahnung verloren gegangenes Vertrauen wieder hergestellt werden kann. Dabei ist zugunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, ob er bei seiner Vertragspflichtverletzung offen oder heimlich gehandelt hat und wie er, angesprochen auf seine Verfehlung, mit den Vorwürfen umgeht.
Zu diesem Ergebnis kam das Arbeitsgericht Hamburg (Arbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 10.7.2015, 27 Ca 87/15). In dem Verfahren wehrte sich eine Krankenschwester gegen ihre fristlose Kündigung.
Sie war seit 1991 in einem Krankenhaus angestellt und dort ordentlich unkündbar. Im Kühlschrank des Pausenraums wurden belegte Brötchen gelagert. Diese waren für externe Mitarbeiter (zum Beispiel Rettungssanitäter) bestimmt. Eines Morgens entnahm die Krankenschwester acht halbe belegte Brötchenhälften dem Kühlschrank, und stellte diese in den eigenen Pausenraum. Dort wurden sie von den eigenen Mitarbeitern verzehrt, jedenfalls eine Hälfte auch durch die Krankenschwester. Als sie später zu dem Vorgang angehört wurde, räumte sie diesen umgehend ein, weil ihr eigenes Essen aus dem Kühlschrank gestohlen worden sei. Der Arbeitgeber kündigte fristlos, hilfsweise mit sozialer Auslauffrist.
Das Arbeitsgericht hielt die außerordentliche Kündigung für unwirksam. In den 23 Dienstjahren der Krankenschwester sei es nie zu Beanstandungen gekommen. Eine jetzige Kündigung, weil sie acht belegte Brötchenhälften genommen und mit ihren Kolleginnen während ihrer Schicht gegessen hat, sei unverhältnismäßig. Zuvor hätte eine Abmahnung als milderes Mittel und zur Objektivierung der negativen Prognose ausgesprochen werden müssen.
Das Urteil zeigt, dass nicht jeder von Arbeitnehmern begangene Diebstahl zu einer wirksamen außerordentlichen Kündigung führt. Es kommt immer auf den Einzelfall an.
Als Arbeitgeber muss man sich vor Augen führen, ob man unter den Umständen des Einzelfalls die Verfehlung des Arbeitnehmers nicht mit milderen Mitteln möglicherweise sanktionieren könnte. Ob die Verfehlungen für eine außerordentliche Kündigung ausreichen, sollte um Rechtssicherheit zu erhalten, eine rechtliche Überprüfung erfolgen.
Als Arbeitnehmer muss man wissen, dass Verfehlungen, wie z.B. obig beschriebene, eine Pflichtverletzung des Vertragsverhältnisses bedeuten. Diese Vertragsverletzung kann zu einem Vertrauensverlust führen, der sich in einer außerordentlichen Kündigung widederspiegelt. Ob letztlich eine solche aber wirksam ist, sollte zur rechtlichen Prüfung vorgelegt werden.
Martin Blaszczak
Rechtsanwalt
Rechtsanwälte Valentin Heckert, Harriet Schäfer-Heckert,
Wolfgang Andreas Klohe, Evelyn Wettstein, Martin Blaszczak
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