Handlungsbedarf beim Sanierungsgeld, Verjährung droht

Für an der VBL beteiligte Arbeitgeber im Abrechnungsverband West besteht im Hinblick auf die jüngste Entwicklung zur Sanierungsgeldproblematik dringlicher Handlungsbedarf vor dem Jahresende 2015.

Wir informieren hierzu wie folgt:

 

1. Beschluss des Verwaltungsrats der VBL vom 12.November 2015

Der Verwaltungsrat der VBL hat in seiner Sitzung am 12.11.2015 den Beschluss gefasst, die seitens der beteiligten Arbeitgeber mit Beschäftigten im Abrechnungsverband West für die Jahre 2013 bis 2015 gezahlten Sanierungsgelder im Januar 2016 zurückzuzahlen.

Die VBL werde zudem die aus den gezahlten Sanierungsgeldern der Jahre 2013 bis 2015 erzielten Kapitalerträge auszahlen. Die Höhe stehe aufgrund von Zinseszinseffekten erst nach Erstellung des Jahresabschlusses 2015 fest. Daher könnten die jeweiligen Rückzahlungsbeträge hierfür derzeit noch nicht ermittelt werden. Die VBL werde daher alle Kapitalerträge gesondert, voraussichtlich im Mai 2016, auszahlen.

 

2. Folgerungen

Die von der VBL angekündigte Rückzahlung ist für die betroffenen Arbeitgeber sicherlich erfreulich.

Es dürfte jedoch zu würdigen sein, dass dem Beschluss des Verwaltungsrats  offensichtlich die Erkenntnis der VBL zu Grunde liegt , dass die Einforderung von Sanierungsgeldern im dritten Deckungsabschnitt (Abrechnungsjahre ab 2013) einer rechtlichen Überprüfung auf ihre Satzungsgemäßheit in keiner Weise mehr standhielt.

Es spricht alles dafür, dass im Hinblick auf den zwischenzeitlichen Vermögensaufbau der VBL eine umstellungsbedingte Deckungslücke ersichtlich nicht mehr bestand.

Hierzu darf in rechtlicher Hinsicht erinnerlich geführt werden, dass nach den Satzungsvorgaben der Beklagten eine rechtmäßige Sanierungsgelderhebung durch VBL zweierlei voraussetzte

•     die Ermittlung einer Deckungslücke aus dem Altbestand (Gesamtbetrachtung) als Voraussetzung für die grundsätzliche Zulässigkeit der Erhebung von Sanierungsgeld (vgl. § 65 Abs. 1 S. 2 VBLS).

•     die Ermittlung einer (von der obigen Deckungslücke unabhängigen) Deckungslücke im jeweiligen Deckungsabschnitt durch Prüfung, ob die Umlagen, die sonstigen Einnahmen und das verfügbare Vermögen die zu erwartenden Ausgaben im Deckungsabschnitt unterschreiten (Vgl. § 61 Abs. 1 S. 1 VBLS).

Diese Vorgaben waren offensichtlich nicht mehr erfüllt.

Das Sanierungsgeld war satzungsgemäß ohnedies zu keinem Zeitpunkt als Dauereinrichtung angelegt. Es durfte stets nur zur Schließung der umstellungsbedingte Deckungslücke aus dem Altbestand angefordert werden.

Ebenso wenig war die VBL berechtigt, bei der Ermittlung des tatsächlichen satzungsgemäßen Sanierungsgeldbedarfs verfügbares Vermögen nicht hinreichend zu berücksichtigten.

Die Sanierungsgeldentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20.07.2011 beschränkte sich in seinen Ausführungen ausdrücklich auf Sanierungsgeldforderungen im ersten Deckungsabschnitt (2002-2007).

 

3. Rückforderung von Sanierungsgeldzahlungen ab 2013

Wir empfehlen, die zu Unrecht für die Jahre 2013 ff. gezahlten Sanierungsgeld umgehend bei der VBL einzufordern, sofern die VBL nicht ihrerseits zügig eine Rückerstattung vornimmt.

 

4. Rückforderung von Sanierungsgeldzahlungen im zweiten Deckungsabschnitt (2008-2012)

Darüber hinaus bestehen nunmehr nochmals verstärkte Argumente, dass die Einforderung von Sanierungsgeld bereits im zweiten Deckungsabschnitt (2008 – 2012) satzungsgemäß nicht mehr getragen war und rechtswidrig erfolgte.

Hierbei ist bereits zu würdigen, dass die VBL ausweislich ihrer eigenen Geschäftsberichte im Deckungsabschnitt 2008 / 2012 einen Überschuss von

EUR 2.144.767.106,27

erzielt hat.

Darüber hinaus hatte die VBL am Ende des Deckungsabschnitts 2002 / 2007 bereits einen Überschuss von mindestens

EUR 890.000.000,00

erzielt, so dass keine Deckungslücke mehr bestanden haben dürfte.

 

Wir führen bereits fortgeschrittene gerichtliche Pilotverfahren wegen Sanierungsgeldverfahren, die im zweiten Deckungsabschnitt erbracht wurden.

In diesem Verfahren haben wir erreicht, dass die VBL das satzungsgemäß zu Beginn des zweiten Deckungsabschnitts zum Sanierungsgeldbedarf einzuholende versicherungsmathematische Gutachten sowie das Protokoll des Verwaltungsrats über die Beschlussfassung zur Sanierungsgeldhöhe vorlegen musste.

Die Urkunden liegen uns vor. Deren Würdigung gibt zu erheblichen rechtlichen Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des zum zweiten Deckungsabschnitts ergangen Sanierungsgeldbeschlusses Veranlassung.

Hinzutritt, dass der Bundesgerichtshof Sanierungsgeldforderungen einer Zusatzversorgungskasse, bei deren Berechnung verfallbare Anwartschaften einbezogen wurden, in einer im Jahre 2012 ergangenen Entscheidung für rechtswidrig qualifiziert hat. Auch diese Entscheidung liegt uns vor.

Wir sind der Rechtsauffassung, dass die Entscheidung des Bundesgerichtshofs sachverhaltlich auch auf die Sanierungsgeldberechnungen des VBL im zweiten Deckungsabschnitt zutrifft, da die VBL ebenfalls verfallbare Anwartschaften in die Berechnung des angeblich erforderlichen Sanierungsgeldbedarfs einbezogen hat.

Auch die von der VBL erfolgte Einbeziehung des Finanzierungsaufwandes für die Gewährung von Bonuspunkten in den Sanierungsgeldbedarfs sehen wir im Höchstmaß für rechtsproblematisch, da Bonuspunkte aus Überschüssen zu finanzieren sind, während Sanierungsgeld nur einer etwaigen Defizitschließung dienen darf.

 

5. Rückforderung von Sanierungsgeldzahlungen im 2012, drohende Verjährung

Insbesondere bestehen verstärkt Anhaltspunkte, dass spätestens bereits ab 2012 im Hinblick auf den Finanzaufbau der VBL keine Deckungslücke mehr bestand, so dass den Beteiligten Sanierungsgeldzahlungen ohne Rechtsgrund abverlangt wurden.

Von vertraulicher Seite wurde mitgeteilt, dass die Deckungslücke im Hinblick auf einen jährlichen Sanierungsgeldzufluss an die VBL von ci. 880 Mio € spätestens 2012 geschlossen war.

Im Hinblick auf den zum Jahresende insoweit drohenden Verjährungseintritt müssen wir indessen allen beteiligten Arbeitgebern dringend empfehlen, insoweit umgehend verjährungshemmende Schritte einzuleiten.

Zu einer Beratung über die aufgeworfenen Fragen in unserer Rechtsanwaltskanzlei oder in Ihrem Hause sind wir gerne bereit. Falls sie dies wünschen, bitten wir Sie höflich um Ihre Mitteilung per Rückmail oder telefonisch.

Eine Hemmung der zum Jahresende ablaufenden Verjährungsfrist für die Rückforderung der im Jahre 2012 gezahlten Sanierungsgelder kann – sofern noch nicht erfolgt - durch eine Vereinbarung mit der VBL auf Verlängerung der Verjährungsfrist herbeigeführt werden.

Hierzu könnte auf das von unserer Rechtsanwaltskanzlei bereits geführte Pilotverfahren Bezug genommen werden.

Sollte seitens der VBL eine Zustimmung hierzu verweigert werden, ist dringlich zu empfehlen, die drohende Verjährung rechtszeitig vor Jahresende durch Klageerhebung oder zumindest durch Einleitung des gerichtlichen Mahnverfahrens zu hemmen.

Im Weiteren könnte eine Musterprozessvereinbarung betrieben werden.

 

Karlsruhe, den 20.11.2015

Valentin Heckert

Rechtsanwalt

Rechtsanwälte Valentin Heckert, Harriet Schäfer-Heckert,
Wolfgang Andreas Klohe, Evelyn Wettstein, Martin Blaszczak

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